Camille Claudel

Camille Claudel
Camille Claudel
 
Camille Claudel wurde am 8. Dezember 1864 in Fère-en-Tardenois (Aisne) geboren. Vier Jahre später kam ihr Bruder Paul zur Welt, der spätere Schriftsteller und französische Botschafter in Tokio, Washington und Brüssel. Schon früh zeigte sich Camille Claudels großes Talent für das plastische Gestalten.
 
 Der Weg zur Bildhauerei
 
Etwa 1877 zog die Familie nach Nogent-sur-Seine, etwa 100 Kilometer südöstlich von Paris. In Nogent-sur-Seine lebten zwei berühmte Bildhauer: Alfred Boucher und Paul Dubois. Camilles Vater stellte den beiden Bildhauern die begabte Tochter vor. Boucher und Dubois waren es dann auch wohl, die dafür sorgten, dass Camille Claudel sich an der Académie Colarossi einschrieb, eine der wenigen Akademien, die zu jener Zeit weibliche Studenten aufnahmen. Nur kurz danach ging sie in Ateliergemeinschaft mit drei anderen Bildhauerinnen. Einmal wöchentlich gab Boucher ihnen inoffiziell Unterricht.
 
 Claudel und Rodin
 
In der Académie Colarossi lernte Camille Claudel um 1883 als Lehrer den berühmten Bildhauer Auguste Rodin kennen, dessen Assistentin, Schülerin und Geliebte sie ab etwa 1884 wurde. Die leidenschaftliche Liebe zu Rodin prägte ihr Leben und Schaffen dauerhaft.
 
Mit ihrer Plastik »Sakuntala« hatte sie im Jahr 1888 ihren großen Durchbruch als eigenständige Künstlerin. Das Werk, zunächst in Gips (später in Marmor) ausgeführt, zeigt ein junges Liebespaar. Die Frau neigt sich in einer eher versonnenen Haltung zu dem vor ihr knieenden Mann, der sie umarmt und liebkost, hinab. Inspiriert von dem Drama »Shakuntala« des indischen Dichters Kalidasa (um 400), das die Trennung der Nymphe Shakuntala von ihrem Gatten, König Dushyanta, und ihre glückliche Wiedervereinigung beschreibt, schuf Camille Claudel diese beeindruckende, von autobiografischen Bezügen gezeichnete Skulptur in klassisch-traditioneller Formensprache.
 
In den 1890er-Jahren entstanden ihre Skulpturen »Clotho«, »Der Walzer« und »Die Schwätzerinnen«. Die Plastik »Der Walzer«, ein Thema das sie mehrmals, in verschiedenen Variationen aufgriff, lässt in der wunderbaren spiralförmigen Bewegung des tanzenden Paares die Verschmelzung, das Einswerden mit der Musik spürbar werden. Camille Claudel fand hier zu einer gelungenen Synthese von Expressivität und Art-nouveau-Rhythmik.
 
Ihre Werke zeigen in der naturalistischen Übertreibung und der auffälligen Neigung zu Asymmetrie eine künstlerische Verwandtschaft mit den Auffassungen Rodins, die sich schon sehr früh manifestierte. Zugleich ist jedoch ihr Streben nach künstlerischer Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von Rodin unverkennbar. So versuchte sie unter anderem mit großer Sensibilität durch Akribie in der handwerklichen Ausführung Emotionen stärker herauszuarbeiten, Expressivität zu steigern. Wiederholt musste sie (letztlich den Einsatz ihrer Kräfte überfordernde) Vorwürfe ertragen, die ihr Abhängigkeit von Rodins Werk und seiner erfolgreichen Persönlichkeit unterstellten.
 
Im Jahr 1896 schickte Camille Claudel zur Ausstellung in Genf insgesamt 19 Skulpturen. Als Porträtistin fertigte sie wiederholt Porträts ihr nahe stehender Personen, so besonders von ihrem Bruder Paul (Bronzebüsten 1881, 1887 und 1910) und von Auguste Rodin (Bronzebüste, 1897). In der 1898 erstellten Plastik »Perseus« porträtierte sich Camille Claudel selbst im Haupt der Medusa und stellte sich dabei als Frau dar, die vorzeitig gealtert ist. Eine weitere Skulptur trägt den Titel »Die kleine Schlossherrin«. Camille Claudel hatte das kleine Mädchen, das sie in diesem Werk abbildete, kennen gelernt, als sie sich auf ein altes Tourraine-Schlösschen zurückgezogen hatte, weil sie von Rodin ein Kind erwartete. Allerdings erlitt sie eine Fehlgeburt. Als sie nach Paris zurückgekehrt war, befreundete sie sich mit dem Komponisten Claude Debussy und lernte dabei auch Henri de Toulouse-Lautrec kennen. Camille Claudels letzte große Ausstellung wurde im Jahr 1905 in Paris veranstaltet.
 
 Bruch mit Rodin
 
Die Beziehung zu Rodin zerbrach endgültig 1898. Nach den Jahren der Erfüllung, geprägt von einer engen Zusammenarbeit mit ihm, folgte der zunächst befreienden Trennung eine lähmende Einsamkeit. Camille Claudel versuchte weiterhin, als Bildhauerin unabhängig zu sein, schuf in dieser Zeit vor allem auch genrehafte Kleinplastik und angewandte Kunst, geriet aber mehr und mehr in finanzielle und persönliche Schwierigkeiten, die sie auch sozial abgleiten ließen. Zunehmend von der Welt künstlerischen Schöpfertums ausgeschlossen, zerstörte sie 1906 einen Großteil ihres Werkes. Immer stärker werdende Verfolgungsängste beeinträchtigten zusätzlich dieses Kräfte zehrende Dasein.
 
 Fatales Ende
 
1913 schließlich wurde sie auf Veranlassung ihrer Familie in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen, wo sie die restlichen 30 (!) Jahre ihres Lebens verbringen musste. Briefe, die sie aus der Anstalt an ihren berühmten Bruder Paul, den Literaten und Diplomaten, schrieb, belegen die Tragik ihres Daseins. Camille Claudel schildert darin eindringlich die Zustände in der Heilanstalt, beschreibt die Schreie der Heiminsassen und fragt, was sie getan habe, dass man sie so würdelos untergebracht habe.
 
Camille Claudel starb am 19. Oktober 1943 in Montdevergues (Vaucluse).
 
 Späte Würdigung ihres Werkes
 
Lange war ihr Werk in Vergessenheit geraten, bis im Jahr 1984 eine Ausstellung ihrer Arbeiten eindrucksvoll verdeutlichte, welch besondere Stellung ihrem Schaffen zukommt. Noch heute wird Camille Claudel sehr oft unter dem Aspekt ihrer Beziehung zum großen Rodin gesehen. Auch die - eher spärliche - Fachliteratur setzt in großen Teilen diesen biografischen Schwerpunkt. 1988 entstand der preisgekrönte französische Film »Camille Claudel« unter der Regie von Bruno Nuytten mit Isabelle Adjani als Camille Claudel und Gérard Depardieu in der Rolle des Auguste Rodin.

Universal-Lexikon. 2012.

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